hr-iNFO-Büchercheck: So fängt das Schlimme an von Javiér Marías

hr-iNFO-Büchercheck: So fängt das Schlimme an von Javiér Marías

17.12.2015

Javier Marías ist wohl der international anerkannteste zeitgenössische Schriftsteller Spaniens. Vor ein paar Wochen ist sein jüngster Roman auf Deutsch erschienen. Er heißt „So fängt das Schlimme an“. hr-iNFO Bücherchecker Frank Statzner hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
Juan, ein junger Mann, tritt seinen ersten Job an, als Privatsekretär bei einem berühmten Filmemacher. Wir sind in Madrid, 1980. Der Diktator Franco ist gerade fünf Jahre tot. Spanien ist in der Wandlung zur parlamentarischen Demokratie. Juan bekommt von seinem Chef einen pikanten Auftrag. Er soll einen namhaften Kinderarzt, einen Freund der Familie, ausspionieren. Der Regisseur hat negative Gerüchte über die Vergangenheit des Arztes gehört, die sein Renommee in Frage stellen. Juan trifft sich mit dem Mann, nimmt ihn mit ins Madrider Nachtleben, erschleicht sein Vertrauen und erfährt dabei einiges über das menschenverachtende Treiben der vermeintlichen Biedermänner in der Franco-Zeit. Aber die Wahrheit ist nur mühsam herauszufinden, denn die Spanier wollen nicht mehr reden über das, was war. Sie verdrängen lieber als aufzuklären, vielleicht, um die Wunden nicht tiefer zu reißen. Parallel dazu versucht Juan herauszufinden, warum sein Chef seine Frau gleichzeitig liebt aber verächtlich behandelt.

Wie ist es geschrieben?
Liebe und Leidenschaft, Leben und Tod, Verrat und Schuld, darüber erzählt Marías mehr als 600 Seiten lang. In einem melancholischen Ton aus der Perspektive Juans, der inzwischen gut 30 Jahre älter geworden ist und milde zurück blickt.

„Ja, viele Jahre waren vergangen, und die Menschen ändern sich, bereuen, sehen sich selbst im Rückblick mit ebenso viel Schauder wie Befremden oder eher mit Trostlosigkeit und mangelndem Verständnis, als betrachteten sie sich in einem Zerrspiegel, so primitiv: Ich bin das gewesen? Ich habe das gemacht? So hässlich war mein früheres Ich? Wenn das so ist, kann ich es nicht ändern. Die Schuld ist stärker als mein Wunsch nach Wiedergutmachung, die Schuld hindert mich daran, es zu versuchen, ich kann einzig erwarten, dass diese Schuld vergeht, dass ihr nichts anderes bleibt, als sich vor Alter im Nebel zu verlieren, in dem alles verschwimmt, was von Anbeginn geschehen ist.“

Wie gefällt es?
Am Anfang braucht die Geschichte etliche Seiten, bis sie in Schwung kommt und packt. Aber dann wächst die Spannung, das Tempo steigt. Die Erzählstränge verzweigen sich, laufen parallel, verfeinern sich, am Ende führt Marías sie kunstfertig zusammen.

hr-iNFO

24,99 € inkl. MwSt.
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gebundenes Buch, 638 S.
Sprache: Deutsch
Fischer, S. Verlag GmbH
ISBN: 9783100024299

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